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Partizipation – wie Partizipation Kultur schafft
Di, 23.11.2021, 10:00-12:00

Wie wird die Gesellschaft in die Planung von Kulturbauten sinnvoll einbezogen? Was sind Voraussetzungen für Partizipation? Wie kann Inklusion stattfinden?

MIT Prof. Dr. Susanne Hofmann, Gründerin Die Baupiloten
UND Benedikt von Peter, Intendant Theater Basel; Stephan Schütz, Partner bei gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner
MODERATION Anna Kleeblatt

Videogruß von Bernd Sibler

Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, MdL

 
 

Die Lecture #2 können Sie hier sehen:

Die gesamte Präsentation erhalten Sie hier:

 
 

Key Learnings aus der Lecture #2:

  1. Ansatz: Die Partizipation von Nutzer:innen ist für mich ein Schlüssel für eine gute und gut nutzbare Architektur sowie für eine Architektur, in der sich die Menschen wohlfühlen.

  2. Methode:
    Partizipationsverfahren sollten gut vorbereitet sein und frühzeitig angesetzt werden. Die Fragestellungen sollten klar definiert, aber auch nicht zu vordergründig sein. Sie sollten den Menschen ermöglichen, die Qualitäten zu benennen, die sie von der Architektur erwarten. Die Verfahren sollten transparent und verbindlich sein sowie kontinuierlich mit den gleichen Personen durchgeführt werden.

    An den Verfahren sollten alle beteiligt werden, die das betreffende Gebäude nutzen, betreiben, die es bezahlen, genehmigen oder planen. Sie alle bilden eine Baufamilie, deren Gruppendynamik das Verfahren spielerisch und zielorientiert umsetzt.

  3. Chancen:
    Durch die Partizipation können Konflikte frühzeitig erkannt, zielfördernd gelöst und am Ende produktiv genutzt werden. Partizipation erhöht das Verständnis für alle, die das Projekt betreiben und benutzen. Sie erhöht die Identifikation mit der Architektur, deren sorgsame Nutzung und damit auch ihre Nachhaltigkeit.

  4. Überzeugen:
    Partizipation gilt leider noch immer als Bremsschuh der Planung im Sinne von „Alle wollen mitreden und keiner kommt zum Ziel“. Natürlich besteht die Gefahr, dass mit der Teilhabe vieler das Ziel aus den Augen gerät. Beteiligungsverfahren müssen deshalb zielorientiert und gut strukturiert sein und mit einem greifbaren Ergebnis enden. Es braucht unter Umständen Zeit, die Verantwortlichen von der Beauftragung eines Beteiligungsverfahren zu überzeugen.

  5. Rollenverständnis / Rollenwechsel:
    Gute Architektur eröffnet Möglichkeit und schafft Nutzungsangebote. Mit einem Partizipationsverfahren bin ich als Architektin nicht mehr mit der Frage allein, was gut für die Menschen ist. Ich kann sie fragen und die Anforderungen erfahren, für die ich dann eine gut nutzbare und identifikationsfähige Architektur entwerfen. So habe ich zwar weniger Chancen für den einen genialen Geistesblitz, aber dafür ist meine Trefferquote für gute nutzer*innengerechte Architektur höher.

Key Learnings aus der Diskussion
mit Prof. Dr.-Ing. Susanne Hofmann, Benedikt von Peter, Stephan Schütz und Anna Kleeblatt:

Theater Basel: Foyer Public – Platz für alle!

  1. Transparente Kommunikation ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für partizipative Prozesse: Alle beteiligten Gruppen müssen die Rahmenbedingungen kennen sowie die Gründe und Tragweite ihrer Partizipation verstehen.

  2. Die Methoden partizipativer Prozesse können nicht nur bei Neubauten Anwendung finden, sondern auch für bestehende Gebäude im Sinne einer Öffnung der Räume und zur Evaluation ihrer Nutzung dienen.

  3. Die Phasen der Bauprojekte sollten künftig um eine Phase 0 für den partizipativen Prozess und um eine Phase 10 für die Evaluierung der Architektur im Bezug auf ihre Nutzung ergänzt werden. Je nach Projekt sollte bis zu ein Jahr für den partizipativen Prozess eingeplant werden.

  4. Es reicht nicht aus, die Türen einer Kulturinstitution zu öffnen. Es braucht Ressourcen, um partizipative Prozesse und öffentliche Räume zu gestalten und zu kuratieren – konkret bedarf es Zeit und Geld.

  5. Um die Nutzung öffentlicher Räume in Kulturbauten anzuregen, müssen die Leiter:innen der Kulturinstitutionen Platz machen:
    Das (top-down) Senden von Angeboten für verschiedene Nutzer:innen-Gruppen allein ist nicht inklusiv. Damit verschiedene Nutzer:innen-Gruppen ihre eigenen Ideen und Programme verwirklichen können, brauchen sie ihren eigenen Raum.

Diese Expert:innen und Visionär:innen waren dabei:

Prof. Dr. Susanne Hofmann
Expertin Lecture #2

Susanne Hofmann ist Gründerin und Inhaberin des Berliner Architekturbüros die Baupiloten BDA. Die Projekte des Büros sind auf Bildungsbauten sowie Quartiersentwicklung unter Anwendung partizipativer Entwurfsmethoden konzentriert. Das Büro ist mehrfach prämiert. Aktuell bauen die Baupiloten u.a. eine Montessori Schule in Aachen und eine in Dresden.

Seit 1996 hatte Susanne Hofmann unterschiedliche Gastprofessuren inne (London, Melbourne, Auckland, Sheffield). Von 2009 – 2015 vertrat sie die Professur für partizipatives Entwerfen und Konstruieren, Wohnungsbau und Kulturbauten an der TU Berlin. Dort gründete sie 2003 das Studienprojekt „Die Baupiloten“, das sie bis 2013 leitete. Zurzeit hat sie eine Gastprofessur an der Uni Innsbruck inne.

Susanne Hofmann studierte an der TU München und an der AA London Architektur und promovierte 2012 zum Thema „Atmosphäre als partizipative Entwurfsstrategie“ an der TU Berlin.

Benedikt von Peter
Teilnehmer Lecture #2

Benedikt von Peter wurde 1977 in Köln geboren, studierte in Bonn Musikwissenschaft, Germanistik, Jura und Gesang. Danach war er an verschiedenen Häusern Regieassistent und gründete ein freies Theaterkollektiv. Nach einigen Jahren in der Freien Szene inszenierte er an Theatern und Opern in Deutschland und der Schweiz (u. a. Theater Basel, Oper Frankfurt, Staatstheater Hannover, Komische und Deutsche Oper Berlin), von 2012 bis 2016 leitete Benedikt von Peter die Musiktheatersparte des Theaters Bremen. Ausgezeichnet wurde er u. a. mit dem Götz-Friedrich-Preis, dem Theaterpreis ‹Der Faust› sowie 2014 mit dem Kurt Hübner-Preis für das Musiktheater-Programm und die eigenen Produktionen am Theater Bremen. Von 2016 bis 2021 ist Benedikt von Peter Intendant des Luzerner Theater. Seit der Spielzeit 20/21 ist er Intendant und Künstlerischer Leiter der Oper am Theater Basel.

Stephan Schütz
Teilnehmer Lecture #2

Stephan Schütz ist Partner bei gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner und leitet die gmp-Büros Berlin, Peking und Shenzhen. Zu seinen wichtigsten Projekten zählen viele Kulturbauten wie die Neue Weimarhalle in Weimar, das Neue Tempodrom in Berlin, die Christliche Kirche in Peking, die Grand Theater in Qingdao und Tianjin, das Chinesische Nationalmuseum in Peking, Umbau und Sanierung des Kulturpalastes Dresden und die kürzlich eröffnete Isarphilharmonie in München.

Stephan Schütz studierte Architektur an der TU Braunschweig. Seit 2009 leitet er regelmäßig Workshops an der von ihm mitinitiierten Academy for Architectural Culture (aac).

Anna Kleeblatt
Moderation Lecture #2

In dem Theater ihrer Eltern großgeworden, war Anna Kleeblatt bereits während ihres Studiums der Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt Marketing an verschiedenen Musiktheatern tätig. Von 2003 bis 2005 war sie bei der Bundesgartenschau München für die Neupositionierung innerhalb der Bereiche Marketing, Werbung und Merchandising tätig. Von 2006 bis 2012 setzte sich Anna Kleeblatt an der Bayerischen Staatsoper als Leitung für Vermarktung, Vertrieb und Steuerung Development für den Ausbau der internationalen Vertriebsaktivitäten ein und war für die Betreuung des Marketings sowie für die Planung und Steuerung der Auslastung von Opern- und Konzertveranstaltungen zuständig. Seit 2012 ist Anna Kleeblatt als selbstständige Unternehmensberaterin für Kulturinstitutionen und -unternehmen in den Bereichen Marketing, Sales & Service tätig. Darüber hinaus ist sie Lehrbeauftragte an der Hochschule für Musik und Theater München, Masterstudiengang Kulturmanagement, und der Theaterakademie August Everding, sie ist Mitglied im Arbeitskreis Strategie der Tourismus Initiative München und hält regelmäßig Vorträge u.a. beim Deutschen Bühnenverein. Als Initiatorin des Faust-Festival München erhielt sie die Auszeichnung der Europäischen Trendmarke des Jahres 2018.

Anna Kleeblatt hat die Organisation, Durchführung und Dokumentation des Projekts KULTURBAUTEN DER ZUKUNFT inne und moderiert die Digital Lectures.